Samstag, 28. März 2009

Gladys jammert

Die letzte Vorstellung von „Außer Kontrolle“... und ich jammere, dass es nun vorbei ist mit Gladys und dem Fenster, Mr. Pigden´s "Oh mein Gott" - Ausrufen, Champagner und Austern sowie dem ausgezeichneten Fußboden im Westminster-Hotel. Schon komisch, wie sehr einem eine Rolle ans Herz wachsen kann, die zum größten Teil darin besteht, in einem Wandschrank eingesperrt zu sein... Aber darum geht es ja schließlich gar nicht, wenn man Bühnenluft schnuppern will, sondern eher um die Tatsache, gemeinsam eine Produktion auf die Beine gestellt zu haben, die auch noch erfolgreich war, und darum, dass man ein wenig die eigenen Grenzen testen kann. Und außerdem trifft man immer wieder wunderbare Menschen im Theater.
Ich sage es mit der einer Derniere so eigenen Melancholie, die man nirgends sonst erfahren kann, die einen vom Grunde des Bauches aus trifft und die einen nie loslässt, auch wenn sie im Rampenlicht eines neuen Stücks verblasst – jedoch mit fremden Worten, nämlich denen der Comedian Harmonists:

Gib mir den letzten Abschiedskuß,
weil ich dich heut verlassen muß,
ich freu mich auf ein Wiedersehn!
Auf Wiedersehn, leb wohl...


Damit steht wohl auch der Soundtrack des Nachmittags fest...
Ich sollte auf Edwyn Collins umsteigen und mich auf den Abend freuen!

Mittwoch, 25. März 2009

Hamsterphilosophien

Zack, verpasst - stellt Euch mal vor, wie viele Chancen man im Laufe seines Lebens verpasst. Und dann, plötzlich und unerwartet, stehen sie eines Tages da und klopfen an die Scheibe. „Guck mal, ich bin´s, die unerkannte Weggabelung von vor fünf Jahren. Ich wollte nur mal hallo sagen, und wie schade, dass du mich damals nicht gesehen hast.“ Das sind andere Studiengänge, Vielleicht-Freunde, eine Wohnung oder Menschen, mit denen man ewig nicht mehr telefoniert hat. Irgendwann tauchen eben manche von denen wieder auf – im ICQ oder in der Straßenbahn, als Gedanke in einer Klausur oder auch im Tagebuch. Hätte – könnte – sollte – wollte--- Vorbei, vorbei und Herz vergeben, Herz verschenkt. Ich denke, diese Geschichte vom Butterfly-Effekt ist gar nicht so dumm, und ich frage mich, wo ich nicht überall stehen könnte.

[...- LANGE GEDANKENPAUSE-...]

Aber genug in Erinnerungen geschwommen. Ich sag es mal ganz krypisch: Das sind reine Hamsterphilosopien.

Der Soundtrack des Nachmittags ist - natürlich, wie sollte es bei solchem Gewusel im Kopf auch anders sein - von Selig: "Hier"...

Freitag, 20. März 2009

Klausur-Nervenfutter



Fragt mich bitte nicht, wie ich in den Besitz dieser etwas gewöhnungsbedürftig anmutenden Süßigkeiten gekommen bin... das ist ein streng behütetes Geheimnis.

Aber eines ist sicher: Selbst Ö-Rechts-Klausuren zu Erschließungsbeiträgen werden mit den Spongebob-Schwammkopf-Keksen irgendwie erträglicher.

Mittwoch, 18. März 2009

Jogg the Blog - oder: Im Spring-Rausch

Kaum ist sie da, die wunderschöne Amselbalz- und Fensteraufzeit, da geht es auch schon wieder los: Mein alljählicher Fitnessrausch, der mich zwingt, mir Sportklamotten überzuwerfen und im Laufschritt am Main entlang zu rennen. Es ist wie eine jedes Jahr einmal auftretende ernst zu nehmende Krankheit, die nicht weg geht, bis ich einsehe, dass ich für die Häschen-Hüpf-Spiele einfach nicht gemacht bin. Ich bilde mir ein: Dieses Jahr werde ich sportlich! Und ich fange heute damit an! Ganz ehrlich!
Da ich im Winter weit weit davon entfernt bin, auch nur einen Schritt zu viel zu gehen, kommt es wie es kommen muss, als ich gestern im Anschluss an eine SEHR UNERFREULICHE (!!!) Klausur dem Bewegungsdrang nachgebe:
Bereits nach 500 Metern habe ich einen knallroten Ballonkopf und versuche verzweifelt, zumindest wenn mir andere Jogger entgegenkommen, durch die Nase zu atmen um nicht zu auffällig zu japsen. Mir wird klar, dass ich morgen wieder Muskelkater an Stellen haben werde, wo vorher keinen Stellen waren.
Aber egal: Es wird gerannt. Ich weiche den tausend Entenhäufchen auf dem Weg aus und muss ab und zu auch die eine oder andere Ente umtänzeln. Ebenso wie einige schreiende Kinder und eine Handvoll glücklich dreinblickende Kinder, die die Enten füttern (das erklärt, warum so viele Entenklekse auf dem Weg sind). Die Wiese ist einen echte Matschwiese – der Plan, direkt am Main zu laufen, weil da nicht so viele Leute sind, die mich sehen, endet in der Erkenntnis, dass da niemand außer mir läuft, weil alles unter Pfützen steht. Ich sehe also jetzt bis zum Knie aus wie durch einen Sumpf gewatet.
Zur Motivation wende ich den alten Trick an und denke ein bißchen an Lara Croft und Laras putzigen Hintern wie er in Tomb Raider immer vor mir herrennt. DAS ist doch mal Ansporn.
Bisher sehe ich allerdings noch nicht allzu viele gut aussehende Schatzjäger unter den Mitstreitern am Main. Rote Turnschuhe am Ende von in enge Hosen gepackte Storchenbeine, die unvermeidlichen Walkerinnen, die ich wegen Schnürselkelbindens dreimal überhole und die ihre Stöckchen einfach nur hinter sich herziehen, aber jedesmal, wenn ich vorbeikomme, plötzlich ein unheimlich motiviertes Gesicht machen. Und ein paar mich grüßende Mädchen, die mich entweder irgendwo her kennen (vielleicht vom letzten Jahr um die gleiche Zeit) oder einfach den Joggergruß ausprobieren wollen.
Besonders fit sehen wir irgendwie alle noch nicht aus, stelle ich fest und schäm mich dieses Jahr irgendwie auch überhaupt nicht. Dann treffe zufällig Karin aus der AG, die auch die Klausur abrennen will. Außerdem läuft mir noch JoggPofi Matthias entgegen - der sich sichtlich und zu Recht wundert, mich zu sehen. Ich versuche, einen guten Eindruck zu machen und strahle ihn an. Muss er ja nicht wissen, dass ich gerade allerschlimmste Höllenqualen leide. Als ich gerade kurz vor dem Zusammenbrechen bin, lächelt mich ein junger Mann mit zusammen gebundenem Haar an. Ich weiß, dass ich ein knallrotes Gesicht habe und wahrscheinlich einfach extrem komisch aussehe, aber ich rede mir im Sporti-Wahn ein, dass das sicherlich ein frühlingshaft-flirtives Grinsen war und ich einfach ein Anblick wie Zucker sein muss – hey, schliesslich tue ich hier gerade was für meine Schönheit! Es ist mir jedenfalls Motivation genug, dass ich echt und tatsächlich durchhalte. Aber es kommt noch besser:
Ich jogge eine Weile hinter einem Tennisclub Bad Soden-Salmünster – Shirt her und beschließe schließlich, dass ich tatsächlich schneller bin. Ich überhole. Das erste Mal der Saison und gleich sowas!
Auf dem Nachhauseweg hüpfe ich noch zum Bäcker wo man mir allen Ernstes ein Frühlingsfitnessbrot andreht. Damit ist dann wohl endlich klar: Der Wahn hat ich gepackt, wie jedes Jahr um dieselbe Zeit. Und er wird sich nicht eher legen, bis ich einsehe, dass ich fürs Rennen einfach nicht gemacht bin. Außer, wenn dieses Jahr vielleicht endlich mal alles anders ist.

Montag, 16. März 2009

Kalorien für die Sinnlichkeit

Nachdem mir aber vor kurzem schmerzlich bewusst wurde, dass mir der Koch-Mojo abhanden gekommen ist und ich mir sicher sein kann, dass nicht Dr. Evil den geklaut hat, sondern mich die Genießerseele irgendwie verlassen hat, habe ich beschlossen, unbedingt wieder mehr genießen zu müssen.
„Kalorien sind lila, und siehst Du hier irgendwas, dass lila ist?“ – sagt Stephie mir immer, wenn ich bei einem gemeinsamen Essen überlege, ob ich noch mehr von ihren selbstgemachten Trüffelpralinen essen soll oder - mit Rücksicht auf meine arme Waage - lieber nicht. Da die Pralinen keineswegs lila sind, sondern herrlich schokofarben, habe ich, soweit ich mich erinnern kann, noch nie eine ausgeschlagen.
Wie diese Kalorien aussehen, wusste ich bisher noch nicht - gestern bekam ich allerdings eine Kalorie geschenkt. Von Schlawinski. Sie lag auf dem Tisch im Arbeitsrechtsrepititorium, und ich hatte gerade ein Frühstücks-Duplo verdrückt und war von Miro an die geplante Bikinifigur erinnert worden.
Ich finde, so bedrohlich schauen diese Kalorien gar nicht aus. „Kalorien sind lila“ ist also ein echt unersetzliches Argument, wenn es um das ungestörte Geniessen leckeren Essens geht. Das hat mir schon wunderbare Stunden beschert, weil Essen - richtig angestellt - schließlich der Inbegriff der Sinnlichkeit sein kann... Also mache ich mich auf die Suche nach meiner verlorenen Genießerseele: Mit Chocolat und Kuchen, und ich werde auf jeden Fall demnächst das von Birgit zu Weihnachten gesendete Geschenk, das Set zum Pralinen-selber-machen endlich ausprobieren.

Der Soundtrack des Abends für Genießer stammt von Götz Alsmann: "Meine Lippen, sie küssen so heiß" ;-)

Donnerstag, 12. März 2009

(Heraus-)Gefunden:Frühjahrsgiftcocktail und Spanische Fliege

Mal wieder eine Zeit, in der man jede Minute draußen was anderes sieht, entweder Regen, oder Sonne oder grau oder bunt. Wer soll da wissen, was er anziehen soll, ob man das Fahrrad nimmt und ob man Regenjacke oder Sonnenbrille mitnehmen muss? Ich nehme also immer alles mit, schwitze und friere abwechslend und lasse meinen Lieblingsschirm im Gericht stehen – was mir natürlich erst beim nächsten Regenguss auffällt. Es ist also mal wieder die „Frühling!–ach nee, doch nicht“ – Zeit, die mich jedes Jahr ins Chaos stürzt, geistig verwirrt und komplett ins körperliche Niemandsland entführt. Sogar zum Kauf spanischer Erdbeeren habe ich mich in einem Anfall von Wahnsinn an der Obsttheke im TEGUT nun schon hinreissen lassen. Die habe ich gegessen (!), trotz haarsträubender Warnungen im Internet schon beim ersten Treffer, den google mir nach der Eingabe der Suchbegriffs „Spanische Erdbeeren“ lieferte:

„Jede Zehnte der von Greenpeace untersuchten Früh-Erdbeeren aus den sieben größten deutschen Supermarktketten überschreitet die Grenzwerte für Pestizide. In zwei Drittel der Import-Erdbeeren wurden zudem gesundheitlich besonders bedenkliche Mehrfachbelastungen mit bis zu fünf verschiedenen Pestiziden gleichzeitig gefunden. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des EinkaufsNetzes, der Verbraucherorganisation von Greenpeace.“ (Quelle: http://www.gesundheit.de/ernaehrung/alles-bio/giftcocktails-in-frueh-erdbeeren/index.html)

Guten Appetit kann ich da nur sagen. Spanische Erdbeeren, Spanische Fliege - wo ist da noch der Unterschied? Spanische Fliege - Potenzmittel und Reizgift: Gereizt bin ich auf alle Fälle schon, und das nicht zu wenig, da muss ich nur nach draußen gucken, mein zentrales Nervensystem streut mir Konfetti ins Hirn und die blöden Erdbeeren erinnern mich nur schmerzhaft an den Sommer, statt etwa den gewünschten Trost zu liefern. Hmmm. Spanische Fliege schmeckt wahrscheinlich nicht so nach Wasser wie dieses Obst. Apropos Wasser. Davon liefert der Himmel nach wie vor reichlich. Blame it on the weatherman. Und zwar alles.

Mittwoch, 11. März 2009

Steuerrecht mit Hochpunkten

Gestern war wieder einer der Höhepunkte der Referendarzeit: Besprechung der zweiten Steuerrechtsklausur durch Paul Hoch. Beim ersten Aufeinandertreffen hatten wir ihn noch versehentlich für den Hausmeister gehalten. Ich muss unsere Annahme aber verteidigen: Sein Anzug stammte garantiert original aus den Siebzigern, und es gibt eigentlich nur drei Erklärungen für diesen FauxPas aus Blau und braunem Cord: Entweder, er hat den Anzug sehr teuer ersteigert (vielleicht in der Annahme, dass das jetzt wieder besonders retro-schick ist), oder er hat ihn geschenkt bekommen und wollte den Schenker nicht enttäuschen, oder aber er hat ihn aufbewahrt. Seit den Siebzigern. Für schlechte Zeiten oder für die Verteilung von Steuerrechtsklausuren an Referendare...
Bei der Besprechung der ersten Klausur gesellten sich noch eine blaue Baseballkappe nebst einer violette Regenjacke - violett und passend zum Polohemd - dazu. ABER: Meister Hoch wurde für mich ab diesem Tag ja trotz allem der unangefochtene Steuerrechtskönig. Ich habe mich nämlich seltenst so herrlich amüsiert und zitiere nur die schönsten Momente:

"... das kann man so in der Bunte und im Goldenen Blatt lesen. Aber steuerrechtlich sollte man das ´n bißchen aufbereiten".

"Sie können die Aufgabe freiwilllig machen. [...] Wollen Sie noch rechnen? Sind sie fertig? Nicht, dass noch jemand rechnen möchte und ich fange dann an, das zu besprechen und hinterher heißt es dann, dass ist Freiheitsberaubung im Dienst!"

"Nix nix, alles kokolores!"


...und mein persönlicher Favorit (der hat zwar echt gar nix mehr mit Steuerrecht zu tun, aber das war in dem Moment irgendwie auch völlig egal):

"Jeder Pilz ist essbar, aber mancher eben nur einmal."

Die Kommentare an den Klausuren vergisst man bei solcher Unterhaltung dann auch schnell mal. Trotzdem hier eine kleine Auswahl:

„Der Rechtsanwalt ist ein Organ der Rechtspflege und kein Märchenonkel“
(An der Arbeit eines Kollegen, der sich erdreistete, dem Mandanten wirklich mal was zu erklären)

„Wenn das Ihre Begründung sein soll, ist es Blödsinn“ (Weil „daher“ im Text stand)

„UNFUG!“ (An meiner Arbeit, sehr groß)

„ENDLICH!!!“ (An so ziemlich allen Arbeiten irgendwo und öfter)

Seit gestern weiß ich außerdem dank der Besprechung, dass Boris Becker für Schiesser modelt, Freddy Quinn ein großes Haus hat, die Steuerpflicht am Aufenthalt der Zahnbürste hängen kann, Wein und Weihrauch den Heiligen Geist anlocken können und man bei der "Mars"-Bank 1a Kredite für Bundeskanzleranzüge bekommt. Außerdem sind wir wohl alle dem save heaven der Steuerklausur ein kleines Stückchen näher gekommen.

Aber jetzt mal ernst und trotz aller Vorurteile á la Pyjama-Player und so: Alle meine Fragen wurden freundlich und ausführlich beantwortet und die Besprechung war eigentlich sehr aufschlussreich und zudem äußerst gediegen. Konsequenz des Ganzen: Hausmeister Hoch for Finanzminister. Ganz ehrlich. Und die dritte Klausur, die lasse ich mir auf keinen Fall entgehen.

Lieblingswort: Minimal-Latifundium.
(Und an Marina: Ganz echt, ich hab´s nachgeschlagen ;-)

Dienstag, 10. März 2009

Meine Wände in apricotrosa


Meine Wohnung ist gekündigt, jetzt ganz offiziell, wo ich doch gerade erst über den Moment hinweg bin, an dem ich die Kündigung zur Post getragen habe. Ich bin so richtig schaurig traurig, weil es doch irgendwie alles in allem eine so glückliche Wohnung war: Meine Wohnung mit den Wohnzimmerwänden in undefinierbar-apricotrosa, meine Wohnung mit den Blümchenvorhängen im Schlafzimmer und der gelben Küche. Die Wohnung mit den besten Küchenparties, wo es die Flasche Berentzen für Manfred gab, die mit dem Fleck auf dem Boden, wo Kati und mein Lieblingsösterreicher tanzten und dabei einen mitgebrachten Schokoladenkuchen plattwalzerten. Die Wohnung, in die ich gerne zum Frühstück einlud, und dann selbst nicht in der Lage zum frühstücken war, und die Wohnung mit den Kucheneinladungen am Samstag Nachmittag, die sich dann bis in die frühen Morgenstunden hinzogen.
Die mit den netten Nachbarn und den beiden Katzen von gegenüber, die im Hof immer maunzten und sich im Sommer gern zu ausgedehnten Streicheleinheiten einladen ließen. Die mit dem älteren Herrn von gegenüber, der sich immer mit nacktem Bauch sonnte und immer gerade dann auf seinem Balkon stand, wenn ich gerade meine Decken (natürlich völlig gegen die Hausordnung) aus dem Fenster heraus ausschütteln wollte. Ich fühlte mich ein bißchen hausordnungsverfolgt und schüttelte meine Decken schließlich immer nur abends im Dunklen aus. Dann, wenn man den Studenten, der immer gern in leichter bis gar keiner Bekleidung am Herd stand, gut sehen konnte...
Da geht sie also dahin, meine Examens- und Diss-Wohnung, das kleine Privatuniversum und die letzte Bastion vor allem Bösen da draußen. Ich gedenke all der hier auskurierten Kater, der gemütlichen Teestunden und der Lernerei, den Besuchen und den dicken Wänden, dem lustigen Hausmeister und der lieben alten Dame im Hochparterre, die manchmal winkt, wenn man heimkommt oder in die Straßenbahn springt. Wer weiß schon, wo man landet?

Ich nehme den Hut und der Vorhang fällt.

Donnerstag, 5. März 2009

Amselbalz

Die winterliche Leidenszeit ist vorbei denke ich – endlich kann sie kommen, meine Ode an den Frühling. Am Morgen ist es endlich nicht mehr dunkel, sondern zaghafte Sonnenstrahlen machen sich auf den Weg, mich schon vor der Weckerzeit aus den Federn zu holen. Tatsächlich erspähe ich auch noch auf der Terasse meines Liebsten im Gras das erste Schneeglöckchen des Jahres. Das ist ein Gefühl wie als Kind, wenn man beim Balgen hochgehoben und herumgewirbelt wurde.
Der Frühling wirkt also ziemlich erhebend auf mich, ich will alles und jeden umarmen, keinen Sonnenstrahl verpassen und ich höre die Amseln auf dem Weg in meine Wohnung komische Piepslaute machen und wild in der Gegend herumhüpfen, was ich spontan als Balztanz einordne. Als ich meinem Liebsten am Abend diese Beobachtungen vorführe, ernte ich leider nicht ganz so viel Begeisterung wie vielleicht von einer Amsel zu erwarten wäre. Vielleicht liegt es daran, dass die Sonne da auch nicht mehr scheint und die Zeit zum Balzen schon vorbei ist? Möglicherweise ist es eher meinen nicht vorhandenen ornithologischen Kenntnissen zuzuschreiben, dass Außenstehende den Sinn des Gezirpes nicht verstehen. Oder es liegt daran, dass ich kein Vogel bin und außerdem selber einen Lachflash bekomme... Macht nichts – ich weiß ja, was die Amseln meinen.

Dienstag, 3. März 2009

Gehört: Überraschende Übernahme englischer Wortschöpfungen

Auf Anraten eines Theaterkollegen ging ich am Sonntag zum „Poetry Slam“ ins AKW.
Automomes Kulturzentrum – bis ich das erstmal gefunden habe, muss ich zunächst zwielichtige Gestalten auf der Straße ansprechen, um nach dem Weg zu fragen - die wiederum mich und meine Black Pearl offenbar ebenso zwielichtig finden und einen gebührenden Sicherheitsabstand zu mir einhalten.
Da ich zwar total autonom, und ebenso kultur bin aber dafür um so weniger Zentrum und schon gar nicht alles zusammen, wähle ich dunkle Tarnkleidung und versteckte mich so ganz allein erstmal eine Runde unter meiner Mütze. Erschwerend kommt hinzu, dass ich auch noch zu spät bin, und damit einen zugigen Platz am Rande erwische.
„Autonom“ klingt mir anfangs ein bißchen sehr vegetarisch. Und „Poetry Slam“ wirkt ja erstmal überaus abschreckend auf einen Feind der Übernahme fremder Wortschöpfungen – da hätte es doch bestimmt auch einen hübschen anderen Begriff für gegeben. Dichter-Dings, Wortwettstreit oder PoetenParty... öhhhmmm, hmm, naja, ich seh´s schon irgendwie ein. Da klingt „Slam“ ja doch irgendwie „cooler“ – zumindest deutsche Texte scheinen ja wohl geboten zu werden.
Ich schiebe mein Misstrauen also primär auf die Tatsache, dass ich allein am Ende der Welt herumlaufe und offenbar auch noch zu den ältesten Gästen gehöre, die ja traditionellerweise meistens kritisch beäugt werden und - weil allein erschienen - dem generellen Verdacht unterliegen, keine Freunde zu haben.
Ich halte mich an einer Flasche alkoholfreiem Bier fest, nagle mich auf meinen eroberten Sitzplatz, schließe ergeben in mein Schicksal die Augen – und dann plötzlich:

P O E T R Y.

Und überraschend wird der Abend mehr als amüsant, die Teilnehmer sind fast durchweg ein Zuhören wert und auch der mir bekannte Slammer gibt seine mal gutgelaunten, mal nachdenklichen Texte zum besten, sodass ich mich gar nicht mehr so einsam fühle. In der Pause wechsle ich den Platz, und gerate gleich in ein Gespräch mit meinem Nachbarn. Die Mützenkälte weicht einer schwitzigen Bühnenlichtwärme, ich sitze mittendrin und so alt komme ich mir auf einmal gar nicht mehr vor.
So ganz zu Hause bin ich noch nicht, aber ertappe mich schon beim Gedanken daran, ob ich mir einen solchen Abend nicht nochmal gönnen soll – vielleicht mit Mias Verstärkung, aber ganz sicher mit Vorfreude. Und dann taucht ganz am Rande die Erkenntnis auf, dass Anglizismen vielleicht doch überraschend gut sein können.