Donnerstag, 28. Januar 2010

Auf den Punkt gebracht

Auf den Punkt brachte die Sache gestern meine Mutter: "Ich höre hier immer Winterchaos - was soll das eigentlich. Es ist Winter - früher war der immer so!"
Ich gebe ihr Recht, hasse den Schnee so langsam und liebe es gleichzeitig, dass die Würzburger sich nicht mehr ins Auto trauen. Überall freie Parkplätze. Alle für mich ;-).

Sonntag, 10. Januar 2010

Gelesen: "Die dunkle Seite des Mondes" von Martin Suter

"Lila Lila" war das erste Buch von Martin Suter (Schweiz), welches mir im Theater ans Herz gelegt wurde. Dieser Roman über den Kellner David, der mittels eines kleinen Schwindels in den größten Selbstbetrug seiner Lebens taumelt, hatte unerwartete Wendungen und zeigte die finsteren verzweifelten Seiten des Protagonisten so klar und ehrlich, dass ich mich entschlossen habe, es auch ein zweites Mal mit dem Autor zu versuchen, obwohl die Geschichte doch manchmal etwas wirklichkeitsfern an mir herunterperlte.

Ich wünschte mir „Die dunkle Seite des Mondes“ zu Weihnachten und frage mich nun, warum eigentlich nicht vielmehr dieser zweite, viel erschreckendere und wirklich unter die Haut gehende Roman verfilmt wurde:
Suter erzählt gut recherchiert und authentisch die Geschichte eines sehr erfolgreichen Wirtschaftsanwalts, der seine Beziehung wegen einer jungen Geliebten aufgibt und seine Persönlichkeit und Existenz durch einen Trip mit halluzinogenen Pilzen aufs Spiel setzt.
Was anfangs lustig wirkt und den Leser amüsiert, wird schnell ein Alptraum und endet in einem Kreislauf aus Gewalt, Trauma, Reue und Vergessen. Seine sozialen Beziehungen flachen ab, werden für ihn zur Zeitverschwendung. Blank weist alles von sich, was nicht Blank ist, wird zur Gefahr für sich selbst und für seine Mitmenschen. Er flieht in den Wald, wird besessen vom Leben zwischen Bäumen und in Höhlen und wird zum Waldmenschen. Der Leser wird mitgerissen bei seinen Versuchen, seine Persönlichkeit zurückzubekommen, das geschehene umzukehren und Ordnung in das Chaos zu bringen. Und überall: Pilze. Steinpilze, Maronen, spitzkegelige Kahlköpfe. Einzig das im Buch so bedeutende Safrangelbe Samthäubchen wird in der Realität niemals in einem Pilzführer zu finden sein, weil Suter es erfunden hat.
„Die dunkle Seite des Mondes“ zeigt die Abgründe einer selbstsüchtig gewordenen und der völligen Subjektivität unterworfenen Seele auf und zieht in den Bann des Waldes. Für jeden Pilzsucher, Pilzgenießer, Juristen und alle Liebhaber von Extremliteratur auf jeden Fall ist das Buch ein echter litro-halluzinogener Leckerbissen.

Trotzdem oder gerade deshalb hat das Pilzsuch- und Waldfieber nun auch mich erfasst und mein Liebster ist ganz glücklich darüber. Denn ab dem nächsten Sommer werden wir Spezialisten. Zwar nicht in Sachen Zwergenhütchen, aber bestimmt für alles, was man ohne Psychotrip als feine Pilzmahlzeit genießen kann.


Martin Suter sagt von sich selbst, er würde sich als "Gentlemanfarmer" bezeichnen, liebt nach Jahren in der Stadt nun das Leben auf dem Land in Guatemala und züchtet dort seinen eigenen Wein.

Donnerstag, 7. Januar 2010

Aus gegebenem Anlass: Corso Kino Würzburg

"Des kann doch net warstein".

Das/des kommt raus, wenn ein gebürtiger Oberfranke mit einer Sauerländerin zusammen wohnt. Ein Ausruf des Entsetzens, geboren aus einer Sprachkreuzung, die der Herrgott offenbar weder vorausgesehen noch gewünscht hat. Fragt sich nur, was der Auslöser einer so haarsträubenden Wortkreation war, dass es jedem Außerirdischen wahrscheinlich beim bloßen Betrachten der Überschrift dieses Artikels kalt den Rücken herunterlaufen muss, weil nur ein sehr barbarisches und gewaltbereites Volk zu solcher Sprachverhuntzung in der Lage sein dürfte.

Antwort: Die Anrufbeantworteransage des Corso-Kinos in Würzburg mit O-Ton: "Unser Kino ist seit 01. Januar geschlossen." - "Ja wie jetz?" sagt die Sauerländerin und guckt blöd ins Wetter. "Und wo läuft der Film dann?" fragt der gebürtige Oberfranke und versucht mit google sein Glück, allerdings ohne nennenswerte Treffer zu erzielen.

Der Liebste, passionierter Schachspieler, der gern auch nachts mal aufsteht, um ein paar Partien zu verfolgen, wollte gern "Die Schachspielerin" sehen. Französischer Film, dramatisch und gänzlich ohne Spezialeffekte auskommend. Sowas wird im Cinemaxx jedenfalls nicht gezeigt.
Und auch Dettelbachs tolles Superkino hat das im Programm nicht zu bieten - weil es sich offenbar nicht mehr lohnt, einen Film zu zeigen, der nicht ausschließlich die Massen anspricht und für den nicht jeden Tag dreimal pro Stunde in jedem Fernsehsender ein Trailer zu sehen ist.

Die Filme, die nicht jeder sehen wollte, die gab´s immer im Corso. Und an die habe ich die wunderbarsten Erinnerungen. Weil die nicht jeder schon gesehen hatte. Und weil das Corso eben so schön ramschig gemütlich war. Weil man da Filme sehen konnte, die nicht für jeden gemacht waren. deshalb war es immer etwas besonderes.

Fazit des heutigen Abends: Wir haben das Corso vergessen. Wegen schlechterer Parkmöglichkeiten und weil das Cinemaxx irgendwann irgendwie fescher war. Weil wir auch oft dem Massenhype gefolgt sind, und weil man nicht immer den Film sehen will, den andere nicht sehen müssen. Wenn das Corso jetzt schließt, wo können wir dann die Filme gucken, die sonst nirgends laufen? Gibt es dann in Würzburg wirklich nur noch das trommelfellquälende Cinemaxx?? Und keine Möglichkeit, zu fliehen???

Ich kann noch nicht einmal unter "gesehen" posten - denn ohne Corso wird es da demnächst nicht nur "Die Schachspielerin" geben, die fehlen wird. Und die Sauerländerin hofft inständig, dass das Ganze nur ein großes Versehen ist - vergeblich, wie eine Internetsuche ergibt.

www.mainpost.de/lokales/wuerzburg/Traditionsreiches-Corso-Kino-schliesst-im-Dezember;art735,5195466