Mittwoch, 24. März 2010

Aus gegebenem Anlass: Warum ich zugebe, DSDS zu gucken

Da ich mich gerade auch sozusagen im Casting für "Deutschland sucht den Super-Anwalt" befinde, haben die Kandidaten der Fernseh-Musik-Shows bei RTL und Pro 7 entgegen aller bisherigen Weigerung in meinem Leben, sich auch nur eine einzige dieser Sendungen anzusehen, in diesem Jahr meine vollste Hingabe für sich gebucht. Ich gebe es zu: Ich habe mir - zum ersten Mal! - fast alle Mottoshows angeguckt, und was ich da gesehen habe, hat mich auch gehörig überrascht.

Erstens: Einige der Leute, die da singen, hätten den Gewinn in jeden Fall auch verdient. Talentiert heißt in dem Fall eben auch, dass die Leute mich einfach unterhalten. Klar sollten da nicht nur schiefe Töne kommen, wir sind ja hier nicht beim Karaoke-Wettbewerb. Aber wenn ich richtige Sänger hören will, gehe ich schließlich in die Oper, und am Samstag Abend auf der Couch will ich mich nicht anstrengen und meinen Spaß haben.
Zweitens finde ich, dass Dieter Bohlen selbstverständlich nicht gerade der nette Onkel von nebenan ist und ich kann ihn mir auch jetzt nicht unbedingt in meinen näheren Freundeskreis eingereiht vorstellen - mit seinen Kommentaren hat er aber meistens recht. Wenn es da heißt, dass kein richtiger Ton gesungen wurde (gell, KimmiGloss?) und ein Kandidat offenbar nur gefeiert statt gearbeitet hat (tja, Helle), dann ist das todsicher auch auf jedem deutschen Sofa von Flensburg bis Konstanz so angekommen und jeder halbwegs untaube Zuhörer hat eben diesen Verdacht schon ein paar Momente vorher in Erwägung gezogen. Und wenn man das nächste Mal zeigt, dass man sich die Kritik zu Herzen nimmt, dann ist der Onkel Dieter ja auch wieder lieb.
Drittens will die ganzen Kritiker in Spiegel und Focus und wie sie alle heißen doch eigentlich keine Zuschauer hören. Man trau sich da ja gar nicht mehr, überhaupt zuzugeben, dass man nur mal kurz in eine Castingshow überhaupt hereingeschaut hat. Von Zwei-Klassen-Shows wird da gesprochen, RTL-Menowins Lebensgeschichte mit der von Raab-Sternchen Lena verglichen, und man ist sich nicht zu schade, aus Menowins Poesiealben-Rückstand im Gegensatz zu Lena endgültige Schlüsse für den Charakter der Shows zu ziehen.

Und weil es außerdem heißt, dass da im Fernsehen ja sowieso alles gar nicht echt ist und die Geschichten alle nicht stimmen und man nichts davon glauben darf, haben der Liebste und ich uns letzten Samstag bei der KlitschK.O.-Show (mir fehlen die Worte) mal folgende Theorie zurecht gelegt:

Stimmt echt alles nicht beim Superstarboom! In Wirklichkeit ist Menowin nämlich nicht der arme Knasti mit der schrecklichen Vergangenheit (auf der zugegebenermaßen ein bißchen arg vom quasselstrippigen RTL-Moderator herumgehackt wurde). Menowin ist nämlich Einzelkind eines Lehrerpaares und schreibt gerade an seiner Doktorarbeit in Kernphysik. Heimlich versteht sich, darf ja keiner wissen, schließlich braucht so ein Supertalent ja seine finstere Vergangenheit.
Satellite-Lena zieht ganz gerne mal einen Joint durch und ist eigentlich Woolworth-Kassiererin. Daher auch immer die interessanten Klamotten. Kim Gloss hat vorher niemals mit Schminke zu tun gehabt und ist in Wirklichkeit extrem kurzsichtig, findet sich aber dank modernster Ultraschalltechnik prima auf der Bühne zurecht. Deshalb hat sie sich auch nicht gegen die Leute von der Maske gewehrt, als die ihr das Nina Hagen-trifft-Dita van Teese-Medley-Make Up verpasst haben. Die haben einfach gesagt: "Ein bißken Glimmer schadet nimmer", und so ist jetzt die Kimmi (fast) berühmt geworden. Wen kümmert´s denn bei dem Strahle-Lächeln da auch, wenn "La Isla Bonita" einfach mal einen Halbton drunter gesungen wird, solange die Band richtig spielt!

Die Liste der Kandidaten mit wildesten Theorien über Herkunft und Dasein ließe sich so beliebig fortsetzen. Mein Liebster und ich stoppten da aber am letzten Samstag, denn es kam das unglaubliche Ergebnis, dass Helmut O. tatsächlich weitergekommen ist - obwohl der an dem Tag unter Beweis gestellt hatte, dass er sich vermutlich noch nichtmal den "Fiderallala"-Refrain der "Vogelhochzeit" von hier bis Samstag merken kann. Da waren wir echt platt: Denn fest stand da vor allem, dass nicht die Kandidaten oder Dieter Bohlen die Gewinner der goldenen Fernseh-Geschmacksverirrungshimbeere sein müssten, sondern doch vielmehr die Zuschauer, die ja immerhin dort anrufen und das Schlimmste verhindern können.

Seit Montag steht nun fest, dass Kokse-Krümel-Helmut trotz Gewinns am Sonntag den letzten Schnee am Samstag ins Micro gehaucht hat. Auftreten darf an seiner Stelle Manuel. Manuel mit der netten Oma, der sich trotz aller bösen Kritik nicht davon abbringen lassen hat, dass man eben auf der Bühne man selbst sein muss. Manuel mit der sexy Stimme, der bisher noch keinen einzigen schlechten Auftritt hingelegt hat und jedesmal am Ende als derjenige Kandidat aus der Sendung ging, dessen Namen man schon wieder vergessen hatte, bevor der Fernseher ausging. Der, der sich von Superhirn Helle beim letzten Mal hat ausstechen lassen müssen. Eigentlich einer, der ganz konkret nur seine Stimme zeigt und tatsächlich auch mal gut aussieht - ganz ohne Skandale.

Ihr habt es jetzt bestimmt schon erraten: Die Chello wird am Samstag wieder DSDS gucken. Ganz offiziell und ohne Schämen! Und wisst Ihr, was ich noch machen werde? Ich werde für Manuel Hoffmann meine Telefonrechnung strapazieren, und die RTL-Hotline anrufen. Mindestens dreimal.